Header
Tiergrab

Das tierische Geschäft mit dem Tod


Die Namen auf den kleinen Sandsteinplatten neben der Terrasse von Schloss Sanssouci sind kaum noch zu entziffern: Biche (gestorben 1752), Alcmene (gestorben 1763), Arsinoe, Thysbe, Phillis, Diana, Thysbe II., Diana II., Superbe, Amourette und Pax. – Es sind die Gräber der Hunde von Friedrich II. König von Preußen, genannt „Der Große“, der nur wenige Meter daneben in seiner Gruft begraben liegt, so, wie er es testamentarisch verfügt hatte: Bei seinen Hunden.

Das Haustier ist längst nicht mehr nur Hobby oder Nutztier, sondern als Sozialpartner häufig ein Ersatz für stabile soziale Beziehungen zu anderen Menschen. Seit Jahrzehnten steigt die Anzahl der Haustiere. Nach Angaben des Industrieverbandes Heimtierbedarf leben in Deutschland mehr als 23 Millionen Haustiere.
Gesunde Hauskatzen können 12 bis 16 Jahre alt werden.

Tierbestattungen sind immer gefragter
Mit der Anzahl an Haustieren steigt auch die Anzahl an Tierbestattungen. Ein durchschnittliches Hundeleben dauert 9 bis 16 Jahre. Hauskatzen bringen es auf 12 bis 16 Jahre. Jährlich sterben in Deutschland etwa 1,3 Millionen von ihnen. Wenn dieser Fall eintrifft, steht der Besitzer vor einer Entscheidung: Wohin mit dem Körper des Tieres? In einer Tierkörperbeseitigungsanlage werden sie zermahlen und dienen als Brennmaterial für Kraftwerke. Mit dem Gedanken können sich immer weniger Tierbesitzer anfreunden.

Das Haustier im Garten bestatten
Wer einen eigenen Garten oder ein anderes Grundstück besitzt, darf seinen Vierbeiner normalerweise dort begraben. Bei Hamstern, Fischen oder Meerschweinchen ist das keine große Sache. Bei größeren Tieren muss man einen formlosen Antrag auf Hausbestattung beim zuständigen Veterinäramt stellen. Wenn das Tier nicht an einer meldepflichtigen Tierkrankheit gestorben ist, darf es vor Ort bestatten werden. „Außerdem darf das Grundstück nicht in einem Wasserschutzgebiet liegen und das Grab muss ein bis zwei Meter von öffentlichen Wegen entfernt sein“, fügt Philipp Lübbert vom Verband für verstorbene Tiere hinzu. Das Tier sollte in leicht verrottendem Material eingewickelt sein, etwa eine Wolldecke, und mindestens einen halben Meter unter der Erde liegen. Laut Schätzungen des Bundesverbandes der Tierbestatter werden etwa 500.000 Tiere pro Jahr im eigenen Garten vergraben. Erst im 20. Jahrhundert hat Deutschland großflächig angefangen, Tierheime und kleine Tierfriedhöfe anzulegen, bis in der letzten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts auch immer mehr Privatpersonen eigene Ruhestätten für Haustiere geschaffen haben. Parallel dazu steigt die Anzahl sogenannter Tierbestatter kontinuierlich an. In Deutschland gibt es aktuell rund 160 Tierbestatter. "Für uns ist das weitaus mehr als ein Beruf. Ich nenne es Berufung", sagt Marcus Sentek, Vorsitzender des Tierfriedhofes in Rostock. Ein Tierbestatter, so Sentek, müsse rund um die Uhr erreichbar sein und auch psychologische Hilfe leisten. Die Möglichkeit einen geeigneten Ort der Trauer und Erinnerung zu besuchen, bietet sich für Tierhalter auf einem Tierfriedhof.
Rostocks einziger Tierfriedhof im Stadtteil Toitenwinkel.

Ein Plätzchen für den letzten Schlaf
Der Verein „Tierwelt Rostock e.V.“ eröffnete seinen Friedhof am 24. September 1999. Etwa 1500 Grabstellen können auf einer Fläche von 7000m² gestaltet werden. Das Plätzchen für den letzten Schlaf wird vom Tierhalter gepachtet. Der Verein hilft ihm und berät ihn in allen Fragen der Bestattung. Die Beisetzung kostet 100 bis 300 Euro. Hinzukommen einige hundert Euro für die Grabmiete. Bei einem aufwendigen Grab mit eigenem Grabstein kommen auch vierstellige Summen zustande.

Tierkrematorien liegen voll im Trend
Neben der Erdbestattung hat sich inzwischen vielfach auch die Einäscherung von Haustieren in speziell dafür eingerichteten Tierkrematorien durchgesetzt. Deutschlandweit werden jährlich 80.000 Tierkörper in Krematorien eingeäschert. Derzeit gibt es 24 Krematorien. Die Branche verzeichnet einen Jahresumsatz zwischen 20 und 30 Millionen Euro. John Möbius, Kremierer vom Kleintierkrematorium IM ROSENGARTEN, sagt: „Es gibt mehr Anbieter als Nachfrage, Tierbestattungen sind ein umkämpfter Markt.“ Im Jahr 2002 begann die Firma IM ROSENGARTEN zunächst mit dem Aufbau des ersten Kleintierkrematoriums in Badbergen. Aus einem historischen Bauernhof entstand ein Ort der letzten Ruhe für geliebte Haustiere. Zehn Jahre später ergab sich die Gelegenheit, in Pritzwalk-Falkenhagen einen zweiten Standort zu eröffnen und damit ein weiteres Kleintierkrematorium anzubieten, dass für Tierhalter aus den östlichen Regionen schneller zu erreichen ist. Im Falkenhagener Rosengarten gibt es neben einem Streubeet auch einen Ruhewald. Bei der Einäscherung kann der Tierhalter entscheiden, ob die Asche seines Tieres verstreut wird oder ob er sie zurückhaben will. Man unterscheidet zwischen der Einzel- und der Sammeleinäscherung. Bei der Einzeleinäscherung wird - wie im Humanbereich - jedes Tier einzeln eingeäschert, so dass der Tierhalter die Asche seines Tieres zurückerhält. Eine Einzelkremierung kommt im Schnitt auf 200 bis 300 EUR für Hunde und Katzen, je nach Größe und Gewicht. Bei der Sammeleinäscherung werden mehrere Haustiere gleichzeitig eingeäschert, so dass der Tierhalter - da man hier die Asche dem einzelnen Tier nicht mehr zuordnen kann – keine Asche zurück erhält. Eine Urne kostet im Normalfall zwischen 60 und 1.000 EUR. Die Asche kann auch in Wanduhren, Bilderrahmen oder Schmuckstücke eingearbeitet werden. „Alles eine Frage der Kosten - und des Geschmacks“, betont Möbius.
Der letzte Akt des Abschiedes.

Skurrile Bestattungsformen
Der Trend zur Tierbestattung wird sich fortsetzen, ist sich Marcus Sentek vom Tierfriedhof Rostock sicher. „Die erhöhte Nachfrage führt zu einem wachsenden und vielseitigeren Tierbestattungsmarkt“, so Sentek. Wie vielseitig eine Tierbestattung sein kann, zeigen aktuell zwei Städte in Deutschland. Seit 2015 gibt es in Koblenz und Essen einen Friedhof, auf denen Mensch und Tier gemeinsam bestattet werden dürfen. Bei 23 Millionen Haustieren, die in Deutschland als Familienmitglieder leben, war es eine Frage der Zeit, bis findige Geschäftsleute den Spielraum, den das Gesetz bietet, entdecken und ausnutzen. Das deutsche Bestattungsrecht erlaubt die gemeinsame Bestattung von Mensch und Tier, wenn die jeweilige Friedhofssatzung kein entsprechendes Verbot enthält. Zwar darf die Urne des Hautieres mit seinem Besitzer gemeinsam ins Grab, doch sowohl die Überführung als auch die Einäscherung müssen weiterhin streng getrennt nach Mensch und Tier erfolgen. Ein Grab in Koblenz kostet ab 1.300 Euro. Abhängig ist der Preis von der Anzahl der Urnen, die in dem so genannten Freundschaftsgrab ihre Ruhe finden. Pro Grab sind insgesamt sechs Urnen möglich, davon maximal zwei Humanurnen. Noch skurriler wird es, wenn Tierhalter eine Präparation ihres verstorbenen Haustieres wünschen. Rund 400 Euro kostet es, einen Dackel oder eine Katze ausstopfen zu lassen, bei großen Hunden ist es doppelt so viel. Wer seinem Haustier die unendliche Weite des Himmels schenken möchte, der entscheidet sich für eine Weltraumbestattung. Bei dieser Bestattungsart wird ein kleiner Teil der kremierten Asche des Tieres in einer speziellen Mini-Urne gefüllt und dann zusammen mit anderen Urnen, meist von Amerika aus, mit einer Rakete in den Weltraum zu den Sternen befördert. Eine Weltraumbestattung kostet für einen Gramm Asche etwa 2.500 Euro und für 7 Gramm knapp 5.000 Euro. Die Vielfalt der Bestattungsformen zeigt, dass Tiere immer mehr zum gleichberechtigen Partner des Menschen werden.


Freund, Kamerad, Tröster, Familienmitglied – Tiere spielen eine wichtige Rolle im Leben des Menschen. Für viele Tierhalter ist der Gedanke unerträglich, den tierischen Partner nach seinem Tod einer Tierkörperbeseitigungsanlage zu überlassen. Und so wünschen sie sich auch eine würdige Bestattung für ihren vierbeinigen Freund. Was zu beachten ist, wenn das Tier stirbt, weiß der Ludwigsluster Philipp Lübbert, Landesbereichsleiter beim Bundesverband für verstorbene Tiere e.V.:


Infografik über die Entwicklung der Tierbestattung